Freitag, 13. August 2010

04. PASCAL: Bosse vs. Frida - Sommerlang

Platz 4 (164 Punkte):
Bosse vs. Frida - Sommerlang

Unser mit Abstand jüngste Mitspieler erreicht in diesem Jahr einen fulminanten 4. Platz:
Poprock aus Braunschweig - das konnte, das musste schief gehen. Nicht nur für Axel Bosse selbst kann das Gras gar nicht schnell genug wachsen über seine Ex-Band Hyperchild. Jugendsünden wie das "Wonderful Life"-Cover, mit dem die Erstband zweifelhaften Ruhm erlangt, sollen hier nicht Thema sein. Stattdessen richtet sich der Scheinwerfer auf Herrn Bosse in solo und sein gleich benanntes Deutschrock-Ding.
Wobei das Debütalbum "Kamikazeherz" ziemlich viel Licht schluckt, so dass es schon Halogen und einige tausend Watt sein dürfen. Gute-Laune-Musik machen schließlich schon genug andere, weswegen Axel sich in weiten Teilen auf Gesellschaftskritik verlegt. Bei ihm explodieren Herzen, während Stadtastronauten über Müllkippen hinweg jagen. Frische impulsive Lyrics, die wohl tun in der Flut der mediokren Deutschsing-Acts.
Die musikalische Backing-Band besteht übrigens aus Uncle Ho- und Heyday-Mitgliedern, rockt also recht brettig daher. Bosse bleibt dennoch stets im (erweiterten) Poprahmen. Die Fehlfarben zitiert er, und auch ein fiependes Duett mit Paulas Elke Brauweiler findet sich auf der Platte.
Entstanden sind die abwechslungsreichen Songs zwischen New Wave, Grunge und epischem Rock unter der Sonne Valencias. Dort gönnte sich der heute in Berlin lebende Romantiker eine ausgiebige Pause nach dem Aus der Jugendband, ließ die Seele sprichwörtlich baumeln und sammelte Ideen für ein Soloprojekt. Zurück in hiesigen Gefilden geht er mit Guano Apes-Produzent Wolfgang Stach ins Studio und verewigt sich mal eben mit einem Dutzend Stücke. Ganz ohne Druck.
Die rebellische erste Single "Kraft" ist das Resultat. Bosse ergattert vom Start weg Spitzenplätze in den Playlisten von 1Live und Radio Fritz - Capitol erkennt Axels Potenzial zuerst und nimmt ihn unter Vertrag. Die Single kommt wenig später auch in die Plattenläden der Republik. Bosse geht mit Such A Surge auf Tour, und wieder passiert alles ganz schnell: Gerade noch von den begeisterten Fans per Zugabe verabschiedet, verpasst der gebürtige Berliner seinen Songs den letzten Feinschliff, und im April geht "Kamikazeherz" in die CD-Presse.
Ob Bosses Luft länger vorhält als die Deutschrockwelle? Tief durchatmen und sich erholen kann er vorerst vergessen. Das sieht das Label ganz ähnlich und veröffentlicht schon wenig später "Guten Morgen Spinner". Wieder erzählt der Neuhamburger Geschichten aus dem Alltag, von Sehnsüchten und Verlierern, dem kleinen Glück zwischen Gartenzwergen und dem großen Gefühl des Aufbruchs.
Und dann kommt sie doch, eine lange Atempause. Zweieinhalb Jahre braucht Bosse um endgültig zu sich selbst zu finden. Er trennt sich von seinem Label EMI, bastelt an neuen Songs, komponiert für Kollegen wie Kim Frank und betätigt sich als Produzent. Inspiration findet er auf zahlreichen Reisen. Der umtriebige Künstler pendelt zwischen Hamburg und der Türkei, wo seine Frau, eine erfolgreiche Schauspielerin, und die Tochter leben. In Unplugged-Konzerten lernt er die Reduktion des Klangkostüms zu schätzen.
So nistet sich der Musiker einige Zeit später im Wohnzimmer des renommierten Produzenten Jochen Naaf ein, der schon PeterLicht und Polarkreis 18 mit einem Spannenden Sound ausstattete. Gemeinsam werkeln sie am dritten Album. "Taxi" soll vor allem Mut machen, jenseits sämtlicher Klischees und Sparten, erklärt der Songwriter.

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